Youth in Nature - wir sind dann mal draußen
Gemeinsam die Natur erforschen, mit Fachleuten auf Exkursion gehen, Tiere beobachten und Gleichgesinnte treffen – all das kann eine Gruppe Jugendlicher aus dem Raum Ravensburg im Rahmen des Programms „Youth in Nature“. Im September 2023 startete „die Mission“ mit 17 Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren. Innerhalb von zwei Schuljahren stehen 13 Exkursionen auf dem Programm. Ziel ist es, die Artenkenntnis zu erweitern. Frei nach dem Motto „Was ich kenne, das schütze ich auch“. Möglich macht dieses besondere Angebot der Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg. An vier weiteren Standorten – Freiburg, Karlsruhe, Stuttgart und Tübingen sind weitere Entdecker-Teams unterwegs.
Die Welt des Bibers - Forsthaus Tannau
Die erste Exkursion
Die sehr gelungene Auftaktveranstaltung der zweijährigen „Entdeckermission“ am 30.09.23 gestaltete Jürgen Holzwarth, Leiter des Forstreviers Tettnanger Wald am Waldhaus in Tannau. Die Jugendlichen machten sich mit dem gelernten Förster und Waldpädagogen auf den Weg ins Reich des Bibers. Unweit des Schulungshauses hat sich das Nagetier seit vier Jahren seinen Lebensraum eingerichtet. Die Entdeckerinnen und Entdecker staunten nicht schlecht, als der Waldexperte ihnen den fast zwei Meter hohen Biberdamm präsentierte, der den Bollenbach aufstaut und so ein ganz neues Seenbiotop mit ausgedehnten Flachwasserbereichen gestaltet, ein Lebensraum für unzählige weitere Tier- und Pflanzenarten. Der Baumeister selbst ließ sich leider nicht blicken. Dafür konnten sich die Jugendlichen dank eines präparierten Gebisses ein Bild von den beeindruckenden Schneidezähnen machen, die schier mühelos Baumstämme durchnagen, dabei jede Menge Spächtele produzieren und die Leibspeise der Biber, frische Rinde, abschälen. Erstaunen erzeugte auch der Biberpelz, der von allen untersucht wurde. Mit 23.000 Haaren pro cm2 und einem besonderen Fett, dem Bibergeil, schützt sich das erstaunliche Tier vor der Kälte des Wassers. „Dagegen sind wir ja richtige Glatzköpfe!“, so die einhellige Meinung der Exkursionsgruppe. In der 5-stündigen Exkursion erfuhren die Jugendlichen noch einiges über seine Lebensweise, seine Ernährung und warum die Biber überhaupt Dämme bauen. Die einfache Erklärung – sie sind zu faul zu laufen, da bauen sie sich eine Wasserstraße. Die dient auch dazu, den Eingang zu ihrer Biberburg zu schützen. Die muss unter Wasser liegen. Dass der Biber im Mittelalter aufgrund seiner Lebensweise und seiner beschuppten Kelle, so heißt der Schwanz des Bibers, als Fisch galt und somit auch zur Fastenzeit verspeist werden durfte, ist noch eine nette Anekdote. Natürlich wurde auch darüber diskutiert, dass der Biber mit seinen Hoch- und Tiefbauten verantwortlich ist für Beeinträchtigungen in Land- und Forstwirtschaft und von Grundstückseigentümern einiges abverlangt. Es wurde deutlich, dass Biber in manchen Bereichen wertvolle und willkommene Naturschutzarbeit leisten, aber in anderen auch für viele Konflikte sorgen.
Zum Abschluss standen die Jugendlichen vor einer besonderen Herausforderung. Dank der Anleitung des Waldpädagogen und seinem Geheimrezept - Sorgfalt bei der Vorbereitung und viel Geduld - gab´s am Ende ein wärmendes Feuer, eine gemütliche Runde und ein köstliches Grillmenü.
Vogelzug - Eriskirch
Die zweite Exkursion
Unter der Leitung des Biologen Luis Ramos, startete die zweite Youth in Nature-Exkursion am 21.10.23 ins Eriskircher Ried. An diesem Tag drehte sich alles ums Thema Vögel und Vogelzug. Bereits auf dem Weg duch die Iriswiesen entdeckten wir frühmorgens zahlreiche Arten, die von einem "Nachtflug" hier zur kurzen Rast einkehrten. Mit Spektiv und Ferngläsern ausgrüstet, konnte die Gruppe auf "Artenjagd" gehen. Der Vogelzug am Bodensee ist besonders beeindruckend. Viele Zugvögel machen hier Halt auf ihrer Reise zwischen Brut- und Winterquartieren. An der Beobachtungwarte, direkt am Ufer, konnten die Jugendlichen mehr als 20 verschiedene Arten zählen. Der passionierte Ornithologe Luis erklärte uns deren Besonderheiten. Auf dem Rückweg an der Schussen präsentierte sich uns - fast wie bestellt - ein besonderes "Juwel" - der Eisvogel. Am Ende des Tages standen 45 Arten auf unserer Beobachtungsliste. Im Naturschutzzentrum Eriskirch erhielten wir noch mehr Einblicke in die Fauna und Flora des Naturschutzgebietes Eriskirch.
Arbeitseinsatz für Detektive - Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf
Die dritte Exkursion
Die dritte Exkursion der Youth in Nature Gruppe startete am 03.02.24 bei strahlendem Sonnenschein und vorfrühlingshaften Temperaturen ins Pfrunger-Burgweiler-Ried. Am Naturschutzzentrum übernahm der Biologe Luis Ramos die bestens mit Ferngläsern ausgerüstete Gruppe zur Vogelstimmenexkursion. So früh im Jahr bot sich uns ein erstes Vogelkonzert von Standvögeln und ersten Rückkehrern, so dass wir am Ende der Exkursion 25 Arten auf unserer Liste eintragen konnten. Einige davon haben wir gesehen, die meisten konnten wir dank Luis Hilfe an ihrem Gesang erkennen. Nach kurzer Verschnaufpause ging es mit der Biologin und Naturpädagogin Margit Ackermann, die am Naturschutzzentrum verantwortlich ist für die Umweltbildung, an die Arbeit. Die jährliche Nistkastenkontrolle stand auf dem Programm. Diese ist unbedingt notwendig, um zu überprüfen, welche Art genistet hat und ob sie erfolgreich war. Der regelmäßige Hausputz beugt auch dem Einnisten von Parasiten vor. Teilweise grenzt es an echte Detektivarbeit, denn Nistmaterial, Mulden, Brutschuppen, Fraßspuren von „Nachmietern“ und einiges mehr, muss man schon deuten können, um eindeutige Aussagen über die ehemaligen Bewohner zu machen. Aber Margits fachkundigem Auge entgeht nichts. Zudem mussten einige in die Jahre gekommene Holzkästen gegen Holzbetonkästen ausgetauscht werden. Also neben Input für Artenexperten gab es auch noch eine sportliche Einlage. Die Brutsaison kann starten.
Mit Kamera, Smartphone und Fotografenblick auf Artenjagd
Die vierte Exkursion
Bei perfekten Lichtverhältnissen gingen die Youth in Nature-Artenexpertinnen und -experten mit Kamera und Smartphone ein Mal anders auf Artenjagd. An diesem Tag begleitete uns Joachim Wimmer, mit Leib und Seele Naturfotograf, auf unserer vierten "Expedition". In der theoretischen Einführungen lernten wir einiges über den richtigen Bildaufbau, Tricks für coole Effekte und spannende Fotos. Und dann ging es raus. Direkt um die Ecke des Naturschutzzentrums Ravensburg, am Veitsburghügel und rund um St. Christina, landeten wunderbare Schnapschüsse "im Kasten" und auch Aufnahmen, die ordentlich Geduld erforderten. Am Ende des Tages schaute Joachim mit dem Profi-Naturfotografen-Blick über die beachtliche "Fotoausbeute". Das Erstaunen war nicht schlecht. Die fast perfekten Bilder wurden mit mit kleinen Änderungen z. B. Anpassung des Bildausschnitts, Veränderung des Kontrastes usw., noch aussagekräftiger und echte Hingucker. Ein Tag, der Spaß auf mehr macht - da waren sich alle einig.
Ab in die Botanik - von Pflanzenfamilien, geheimen Zeichen und schmackhaften Kräutern
Die fünfte Exkursion
Wer gehört zu wem? So ging es schon gut los und die erste Aufgabe des Tages wartete auf die Youth-in-Nature-Truppe. Die Biologin und Botanikerin Antje Schnellbächer-Bühler erwartete uns am Naturschutzzentrum Wilhelmsdorf mit einem großen Strauß verschiedenster Pflanzen, die rund ums Gebäude wachsen. Welche Blüten ähneln sich, was kennzeichnet die einzelnen Pflanzenfamilien? Fast in Detektivarbeit galt es die besonderen Kennzeichen der einzelnen Familien zu entdecken. Fein säuberlich durften wir die Blüten auseinandernehmen und genau beäugen. Einmal gecheckt, und dank der einprägsamen Anleitung unserer heutigen Expertin Antje, ging es schon leichter mit der Zuordnung zu Schmetterlingsblütlern, Lippenblütlern, Korbblütlern und wie sie alle heißen. Aber der Teufel steckt ja bekanntermaßen im Detail... Der Theorie am Vormittag, folgte ein botanischer Erkundungsgang durchs Naturschutzgebiet, auf dem wir zahlreiche Pflanzen wieder entdeckten und zuordnen konnten. Neulinge waren dabei wie Moos-, Rausch- und Preiselbeere und - winzig klein - einige Sonnentaupflanzen. Hier geht es zu kompletten Artenliste. Nebenbei haben wir - natürlich unter fachkundiger Beratung - noch Kräuter gesammelt für unseren köstlichen Kräuterquark mit Gundelrebe, Knoblauchsrauke, Gänseblümchen, Giersch, Löwenzahn, Rotklee und ein paar geheimen Kräutlein, die hier nicht verraten werden. Lecker war´s!
Gar schaurig schön ist´s durch Moor zu gehen
Die sechste Exkursion
Moor - sauer, nass und nährstoffarm - das hört sich ziemlich ungemütlich an, oder? Falsch gedacht! Moore sind sehr wertvolle, fragile und artenreiche Lebensräume. Das konnte unsere Youth-in-Nature-Truppe bei der Exkursion ins Wurzacher Ried feststellen. Gemeinsam begaben wir uns auf einen spannenden Ausflug ins Naturschutzgebiet Bad Wurzach, wo uns die faszinierende Welt der Moore von der Moorexpertin Sabrina Schiller nähergebracht wurde.
Mit enthusiastischer Expertise erläuterte sie uns die Wunderwelt der Nieder- und Hochmoore. Torfmoose, die Baumeister des Hochmoors, werden ausschließlich durch Regenwasser gespeist, das sie speichern können wie ein Schwamm. Sie wachsen in die Höhe und sterben von unten ab. Dabei schaffen sie nur 1 mm Torfschicht pro Jahr. Während des Wachstums entziehen die Torfmoose dem Regenwasser Nährstoffe, dadurch wird es sauer. Einen pH-Wert von 4,5 konnten wir messen. Das ist fast so sauer wie Essig! Diese Bedingungen sind perfekt für zahlreiche seltene Pflanzen wie Sonnentau, Heidel-, Moos- und Rauschbeere. Moore fungieren als wichtige CO2-Senke und sind äußerst wichtig für den Klimaschutz. 3 % der Erde sind mit Mooren bedeckt, sie speichern dank der Torfmoose aber doppelt so viel Kohlendioxid wie alle Wälder zusammen.
Nachmittags machten wir uns mit Kescher und Gefäßen auf, um Gewässeruntersuchungen in der Nähe des Naturschutzzentrums durchzuführen. Dabei entdeckten wir eine Vielzahl von Lebewesen wie die elegante Stabheuschrecke, den neugierigen Taumelkäfer, die quirlige Ruderwanze, Wasserasseln, Flohkrebse, Schlammwürmer und einiges mehr. Jedes dieser Tiere konnten wir mit Lupe und Binokular unter Sabrinas Anleitung genau bestimmen. Das Naturschutzzentrum heißt nicht umsonst „Moor extrem“ – extrem spannend, extrem faszinierend, extrem wichtig!
Libellen - Flugakrobaten - Erfolgsmodell der Urzeit
Die siebte Exkursion
Die letzte Exkursion vor den Sommerferien führte uns abermals ins Wurzacher Ried. Dieses Mal waren unsere „Hauptdarsteller“ die Libellen. Unsere heutige Expertin, Dr. Nicole Jüngling, kennt sich bestens aus mit diesen Flugakrobaten. Nach einer kurzen Einführung zu den Besonderheiten der Ordnung der Odonata (so der wissenschaftliche Name), die es schon in der Karbonzeit gab, (da hatten sie allerdings eine Spannweite von bis zu 90 cm), ging es raus. Da die Larven in Gewässern aufwachsen, ist das Wurzacher Ried, mit seinen Teichen, Tümpeln und Moorgewässern für sie ein wahres Paradies. 53 Arten der ca. 70 Libellenarten in Baden-Württemberg, sind hier vertreten und zeigen die wichtige ökologische Bedeutung dieses einzigartigen Lebensraums. Wir konnten immerhin die Blauflügel- und die Gebänderte Prachtlibelle, sowie die Fledermausazurjungfer entdecken. Dank eines speziellen Fernglases und der Eigenschaft dieser Kleinlibellen, sich regelmäßig auf Pflanzen auszuruhen, war es mit ein wenig Übung gut möglich. Sogar eine Paarung konnten wir beobachten. Schier aussichtslos war es, die rasanten Großlibellen ins Visier zu nehmen. Rastlos, mit kaum nachzuvollziehenden Flugmanövern, beherrschen diese Artisten ihr Revier. Nur Dank Nicoles Erfahrung konnten wir die Glänzende Smaragdlibelle und Anax imperator – die Große Königslibelle – erkennen. Zurück im Klassenzimmer, durften wir noch sogenannte „Häutungshemdchen“ bestimmen. So bezeichnet man die Hülle, die übrig bleibt, wenn die Larve sich zum letzten Male häutet, bevor sie eine fliegende Libelle wird.
Spannend findet unsere Artenmission auch der SWR, der uns mit einem Kamerateam begleitet. Hier geht´s zum Film.
Die Vielfalt des Waldes - Blitzenreuter Seenplatte
Die erste Exkursion
Am vergangenen Samstag, den 12.10.2024 startete unser neues Youth in Nature-Exkursionsjahr. Unter der Leitung von Andrè Kappler, einem Waldpädagogen von Forst BW, machten sich zahlreiche junge Naturfreunde auf den Weg, um die Natur und vor allem den Wald zu entdecken. Unser Exkursionziel: die Blitzenreuter Seenplatte, wo die Jugendlichen in die Welt der Sträucher, Bäume und Blätter eintauchten. Woran erkennt man einen Strauch? Warum wachsen manche Blätter versetzt und manche nicht? Die Stieleiche hat ungestielte Blätter, die Buchenblätter sind glatt, die Hainbuchenblätter sehen ähnlich aus, sind aber gezackt und gehören auch gar nicht zu den Buchen sondern zu den Birken…. . Die Beeren der Schlehen durften die Jugendlichen nach fachmännischer Beurteilung durch André probieren. So lecker waren sie dann aber nicht. Wir haben auch Sträucher gefunden, die an dieser Stelle eigentlich gar nicht wachsen dürfen, wie z. B. Cotoneaster, der durch Gartenabfälle in den Wald geraten ist. Auch über diese Problematik haben wir diskutiert. All das und viele weitere spannenden Informationen über unterschiedliche Baum- und Straucharten und deren Eigenschaften vermittelte der Forstmann auf anschauliche, spielerische und unterhaltsame Weise. Auch Mathe kam nicht zu kurz: mit Hilfe des Strahlensatzes ist es ganz leicht, die Höhe eines Baumes zu bestimmen. Ein besonderes Highlight war das Öffnen von Nistkästen. Die jungen Entdecker und Entdeckerinnen erfuhren, wie man erkennt, welche Tiere in den Unterschlupfen im vorigen Sommer genistet haben, detektivisch suchten sie nach den hinterlassenen Spuren. Bei einigen Kästen war eindeutig der Trauerschnäpper am Werk, in anderen fanden sie das Nistquartier verschiedener Meisen. Kleine, glänzend-schwarze „Köttelchen“ sind der eindeutige Beweis – hier war eine Stube der Fledermäuse. Einen weiteren Stopp legten wir bei einem nahegelegenen Gewässer ein. Als sich endlich die Sonne blicken ließ, zeigte der Naturkundler den neugierigen Jugendlichen mithilfe eines Siebs und anderen Utensilien die verschiedenen Lebewesen und Pflanzen des Wassers. Die erste Exkursion des Jahres war ein voller Erfolg und hat Lust auf mehr gemacht.