Ortsgruppe Ravensburg-Weingarten

Der BUND bei der Menschenkette 2.0

05. Februar 2024 | BUND

Der Landesverband des BUND steht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Grundrechts-Charta der Europäischen Union. Er ist überparteilich und überkonfessionell und vertritt den Grundsatz weltanschaulicher und religiöser Toleranz. Rassistische, fremdenfeindliche und menschenrechtswidrige Auffassungen sind mit dem Grundsatz des Vereins unvereinbar.“ Und da stellen wir in letzter Zeit bedenkliche Entwicklungen fest. So bedenklich, dass wir uns klar dagegen positionieren wollen.

Als Umweltverband müssen wir jedes Argument, das wir verwenden, auch daran messen, welchen emanzipatorischen und Grundrechtegehalt es langfristig hat. Das ist unser Anspruch. Als Umweltverband müssen wir jedes Argument, das wir verwenden, auch daran messen, welchen emanzipatorischen und Grundrechtegehalt es langfristig hat. Das ist unser Anspruch.

Rede von Manne Walser, Vorstand BUND, Ortsverbank Ravensburg, am 1.2.2024 auf dem Gespinstmarkt Rabensburg:

Wir wurden von verschiedenen Seiten gefragt, warum wir uns als Naturschutzorganisation an der Menschenkette 2.0 von „Oberschwaben ist bunt“ beteiligen. Das hat verschiedene Gründe:

Der erste (und formale) Grund: Es steht in unserer Satzung.
In § 2 heißt es: „Zweck des Landesverbandes ist die Förderung und Durchsetzung des Umwelt-, Klima-, Natur- und Verbraucherschutzes. Der Umwelt- und Naturschutz versteht sich hierbei im umfassenden Sinne als Schutz auch der Würde und Unversehrtheit des Menschen…“

Und in § 4 noch deutlicher: „Der Landesverband steht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Grundrechts-Charta der Europäischen Union. Er ist überparteilich und überkonfessionell und vertritt den Grundsatz weltanschaulicher und religiöser Toleranz. Rassistische, fremdenfeindliche und menschenrechtswidrige Auffassungen sind mit dem Grundsatz des Vereins unvereinbar.“

Und da stellen wir in letzter Zeit bedenkliche Entwicklungen fest. So bedenklich, dass wir uns klar dagegen positionieren wollen.

Anlass für die Demonstrationen der letzten Wochen, bei denen zum Glück Hunderttausende auf die Straße gingen und ein Zeichen setzten, war ein Treffen von etwa 25 Menschen aus einer politisch rechts zu verortenden Szene. Die Gruppe nennt sich selbst „Düsseldorfer Forum“. Sie bezeichnet sich selbst als ein (Zitat) „exklusives Netzwerk solcher Persönlichkeiten, die bereit sind, signifikante Beiträge für Aktivitäten bzw. Organisationen zu leisten, die sich der Zerstörung unseres Landes entgegenstellen.“ Ein solcher Beitrag ist eine verpflichtende Mindestspende von 5.000.- €.

Diese Gruppe hat als zentralen Redner den österreichischen Aktivist Martin Sellner eingeladen, der von 2015-2023 Sprecher der österreichischen identitären Bewegung war. Er sollte eine „Gesamtstrategie“ vorstellen. Was es mit dieser Gesamtstrategie auf sich hat, kann man mit wenigen Klicks im Netz nachlesen, in Aufsätzen, die Martin Sellner selbst verfasst hat.

Dazu gehört unter anderem die Forderung nach einer Remigration, die auch deutsche Staatsbürger mit ausländischen Wurzeln umfasst. Eine Forderung, die im Widerspruch zu unserem Grundgesetz und zut den universalen Menschenrechten steht.
Aber die Strategie geht noch weit darüber hinaus:

Der „Rahmen des Sagbaren“ soll systematisch erweitert werden, um die herrschende Ideologie zu demontieren, die derzeit von einem „tiefen linken Staat aus Medien, Justiz, Verwaltung, NGOs, Finanz, Kirche und Aktivisten“ repräsentiert wird (Sellner im Originalton). Sein Rezept: „Pionierarbeit abseits von Wahlkämpfen“ und anstelle des „Parlamentspatriotismus“, der immer noch Teile der AFD gefangen hält und sie von wirksamer Politik abhält, brauche es den „Weg der Reconquista“, der Rückeroberung der Gesellschaft durch eine Kulturrevolution.

Bei Sellner liest sich das dann so: „„Den Schnittpunkt zwischen Islamisierung, Hamas-Demos, Asyl‑, Sozialmißbrauch und Überfremdung bildet der Bevölkerungsaustausch. Er ist die Ursache, der Rest sind die Symptome.“ Klarer kann man rassistische und fremdenfeindliche Ideen nicht aussprechen.

Wie gesagt, das habe ich nicht erfunden, sondern mit wenigen Klicks recherchieren können.

So eine Denkweise und so eine Sprache ist mit den Grundsätzen des BUND und mit unseren Überzeugungen nicht vereinbar.

Aber wir brauchen gar keine Aufreger auf Bundesebene und keinen Investigativ-Journalismus, um mit eigenen Augen und Ohren festzustellen, dass auch in unserer Region einiges im Argen liegt:

Politiker*innen, Bürgermeister*innen, Mitglieder der Parlamente und exponierte Vertreter*innen der Zivilgesellschaft werden beschimpft und bedroht. Das geschieht nicht nur in den sozialen Medien sondern auch in deren privatem Umfeld. Davon sind auch Haupt- und Ehrenamtliche des BUND in der Region betroffen – weil sie sich mutig und offen für die Energiewende (Windenergie!) und die Artenvielfalt engagieren.

Die Bereitschaft zum Dialog und zu Kompromissen nimmt ab. Statt Fakten werden Fake-News verbreitet, Hauptsache der Aufregungsfaktor stimmt. Jeder nimmt nur noch die Informationen aus seiner eigenen „Social Media Blase“ wahr. Das erschwert eine sachliche Auseinandersetzung mit wichtigen Themen.

Auch wenn die Politik – einzelne Parteien oder ganzen Verwaltungen – einfach das Gespräch verweigern, macht das einen demokratischen Diskurs unmöglich. Auch das erleben wir immer öfter. So kann man natürlich auch populistische Strömungen fördern.

Wir haben uns als BUND auf die Fahnen geschrieben, einen Fakten-basierten Diskurs zu führen und unsere Position mit Argumenten und nachvollziehbaren Quellen zu belegen. Im direkten Gespräch können wir das in der Regel gut rüberbringen und ernten, wenn auch nicht unbedingt immer Zustimmung, so doch Verständnis.

Aber immer öfter hören wir auch Erwiderungen wie „glaube ich nicht“ oder sogar Verschwörungserzählungen. Als wäre unsere Welt nicht auch schon ohne Verschwörungen anspruchsvoll genug.

Viele Leute wollen sich mit der Komplexität der Realität nicht mehr auseinandersetzen – leider! Das wäre aber dringend notwendig, denn die Herausforderungen sind immens: Klimakatastrophe, Insektensterben, die Vernichtung fruchtbarer Böden und andere globale Herausforderungen, um nur ein paar zu nennen. Das produziert Unsicherheit und Angst.

Und die Lösungen nicht so einfach, wie uns Populisten und leider auch manche gewählten Politiker vorgaukeln wollen. Angst, Unsicherheit und vermeintlich einfache Lösungen spielen den populistischen Stimmungen in die Hände.

Am Ende sind immer „die da oben“ schuldig. Zukunftsängste und Verunsicherung wirken antidemokratisch. Das ist ein großes Problem. Weltweit sind Diktaturen gerade massiv auf dem Vormarsch. Auch bei uns erleben wir, dass antidemokratische Kräfte erstarken.

Deswegen müssen wir auch vermehrt darüber nachdenken, wie unser gesellschaftliches und politisches Auftreten wirkt. Und wir müssen zusammenstehen, wenn allzu einfache Antworten zu Lasten anderer Menschen und Gruppen gegeben werden.

Als Umweltverband müssen wir jedes Argument, das wir verwenden, auch daran messen, welchen emanzipatorischen und Grundrechtegehalt es langfristig hat. Das ist unser Anspruch.

Deshalb beteiligen wir uns an „Oberschwaben ist bunt“ und den Demonstrationen in Ravensburg, Wangen, Konstanz, Sigmaringen …. Das Maß ist voll!

 

Manne Walser, 1.2.2024

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