Eine vom BUND Baden-Württemberg in Auftrag gegebene Studie belegt die Bedeutung des Ausbaus von Windenergie und Photovoltaik für eine klimaneutrale Stromversorgung, weshalb wir auch in unserer Region Flächen dafür beisteuern müssen - allerdings nicht um jeden Preis. Wir müssen bei den Planungen sowohl der Klimakrise als auch der Biodiversitätskrise Rechnung tragen.
Im Teilregionalplan Energie wird derzeit in den Landkreisen Sigmaringen, Ravensburg und Bodenseekreis eine Fläche von 1,8 % für die Windenergie und 0,2% für die Freiflächenphotovoltaik gesucht. So schreibt es der Gesetzgeber als Mindestanforderung vor.
43 Gebiete wurden von der Verbandsverwaltung nun als Vorranggebiete für die Windenergienutzung vorgeschlagen, darunter auch drei große Flächen im Altdorfer Wald mit insgesamt 1.230 Hektar - hier wären bis zu 40 Windkraftanlagen möglich. Die aktuell in der Anhörung befindlichen Flächen umfassen insgesamt 2,5% des Planungsgebiets.
Die Gebiete wurden anhand von über 100 Kriterien ausgewählt, um die konfliktärmsten Flächen für Windenergie und Freiflächen-PV zu identifizieren. Geringe Windhöffigkeit, Mindestabstände zu Wohngebäuden, Fluggebiete für militärische und zivile Luftfahrt und Kriterien des Umwelt- und Naturschutzes haben zum Ausschluss großer Flächen geführt.
Die verbliebenen Flächen wurden nun in eine öffentliche Anhörung gegeben, um das Ergebnis zu überprüfen. Für die Naturschutzverbände BUND, LNV, NABU und AGF sind die meisten Kriterien und Flächenausweisungen nachvollziehbar – allerdings nicht für den Altdorfer Wald. Er gehört nach Einschätzung des Naturschutzverbandes nicht zu den konfliktärmsten Flächen für den Windenergieausbau. Aktuelle Gutachten zum Bodenschutz1,2, zum Wasserschutz3 und zum Vorkommen der Fledermäuse4 und Vögel zeigen, dass es erhebliche Konflikte gibt, die in den vorgeschlagenen Vorrangflächen und der beigelegten Umweltprüfung im Altdorfer Wald zwischen Wolfegger Ach und Waldburg/Vogt nicht abgebildet sind! Trotz wiederholter Hinweise an die Verbandsverwaltung wurden sie bislang nicht berücksichtigt. Das muss dringend nachgeholt werden.
Erst dann kann entschieden werden, ob und wo im Altdorfer Wald Flächen vorhanden sind, die in den Teilregionalplan aufgenommen werden können.
Diese Korrektur ist notwendig, denn in solchen Vorranggebieten für Windenergie kann nach Bundesgesetz künftig auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung und artenschutzrechtliche Prüfung verzichtet werden! Diese Prüfung muss also bereits für die Ausweisung der Vorranggebiete erfolgen und hier muss der Regionalverband dringend nacharbeiten.
Die Naturschutzverbände lehnen deshalb eine Aufnahme der vorgeschlagenen Flächen im Altdorfer Wald in den Teilregionalplan so lange ab, bis die oben genannten Gutachten eingearbeitet sind und eine Neubewertung hinsichtlich der Eignung der Teilgebiete des Altdorfer Waldes vorliegt. Im Übrigen wären die vom Gesetzgeber geforderten 1,8% der Regionalfläche für die Windenergie auch ohne Altdorfer Wald erreichbar und gewährleistet. Die aktuell in der Anhörung befindlichen Flächen umfassen insgesamt 2,5%.
Windenergie nur, wenn sauber geplant und auf andere Eingriffe verzichtet wird
Bislang nutzen die Investoren die Möglichkeit, außerhalb des Teilregionalplanes Windenergieanlagen zu bauen (Beispiel Hoßkirch, Bad Saulgau, Röschenwald bei Wolpertswende). Das ist auch künftig noch möglich. Die Stadtwerke Ulm planen derzeit Anlagen im Altdorfer Wald zwischen Wolfegger Ach und Waldburg. Dabei werden die in einem 2022 durchgeführten Behördentermin festgelegten Kriterien zum Natur- und Artenschutz, Wasser- und Bodenschutz untersucht. Die Gutachten sind fast fertiggestellt. Dabei wird sich herausstellen, ob und wo konfliktarme Flächen vorhanden sind, wenn die neuen Gutachten zum Boden-, Wasserschutz und Fledermausschutz zusätzlich berücksichtigt werden und Wasserschutzgebiete der Zone I und II, der Waldburger Rücken und die Flächen der Wildtierkorridore und der wertvollen Fledermauslebensräume herausgenommen werden. Davon hängt unsere Zustimmung zu Standorten ab.
Unabhängig davon haben die Naturschutzverbände bereits unmissverständlich klargemacht, dass Eingriffe in den Altdorfer Wald nur dann verhandelbar sind, wenn auf den Kies- und Torfabbau auf Landesflächen verzichtet und ein ambitioniertes Waldnaturschutzkonzept für den Altdorfer Wald erstellt wird. Bislang weigert sich die Landesregierung und Forstverwaltung allerdings, überhaupt mit uns darüber zu reden.
Zu guter Letzt muss bei aller Diskussion um den Ausbau der erneuerbaren Energieträger klar sein: Ohne deutliche Reduzierung unserer Energieverbrauchs bei Wärme, Mobilität und Strom wird die Energiewende und der Klimaschutz nicht gelingen. Über diese Notwendigkeit wird verhältnismäßig wenig bis gar nicht gesprochen.
Ravensburg, den 7. Mai 2024
Weitere Informationen dazu und die Stellungnahme finden Sie hier.
Die beteiligten Naturschutzverbände sind BUND, NABU, Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz und der LNV.